Das geistige Band zwischen Zwillingen kann nicht durchtrennt werden. Das Schicksal der Schwestern June und Jennifer Gibbons ist ein anschaulicher Beweis dafür. Die Mädchen erreichten eine ganz neue Ebene des Einfühlungsvermögens: Sie schufen ihre eigene Sprache und kommunizierten mit niemandem außer sich selbst.

Eine instabile Beziehung, eine psychiatrische Klinik und der mysteriöse Tod einer der Schwestern, die sich für die andere geopfert hat. Es war Liebe und Hass in einem. Bis heute ist ihre Geschichte von einem dichten Schleier des Geheimnisses umhüllt.

June und Jennifer Gibbons. Quelle: woman.com

Die Zwillinge June und Jennifer wurden am 11. April 1963 in der Familie von Gloria und Aubrey Gibbons, Einwanderern aus Barbados, geboren. Kurz nach ihrer Geburt zogen ihre Eltern in die walisische Kleinstadt Haverfordwest.

Da Gloria Hausfrau war, kümmerte sie sich allein um die Entwicklung ihrer Töchter. Die Frau verbrachte viel Zeit mit den Mädchen und bemerkte recht schnell, dass June und Jennifer sich seltsam verhielten.

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Zuerst dachte Frau Gibbons, die Zwillinge seien einfach zu schüchtern und redeten nur miteinander.

Monate und Jahre vergingen, aber die Mädchen versuchten nicht, ihren Kommunikationskreis zu erweitern. Dafür gab es eine Erklärung: Beide Schwestern hatten einen schweren Sprachfehler, der sie fast unverständlich machte.

June und Jennifer waren so zurückgezogen und schüchtern, dass sie kaum das Haus verließen. Aber sie verstanden sich buchstäblich auf einen Blick und waren unzertrennlich.

Die Eltern hielten es nicht für nötig, ihre Töchter zu den Spezialisten zu bringen. Das Ehepaar Gibbons kam einstimmig zu dem Schluss, dass die Zwillinge entwicklungsverzögert waren und ließ die Situation auf sich beruhen. So haben sie fünf Jahre lang gelebt.

Im Jahr 1968 bekam die Familie eine jüngste Tochter, Rosie, und Gloria hatte keine Zeit, sich um ältere Kinder zu kümmern. Es war jedoch an der Zeit, sie in die Schule zu schicken. Dort wurden die Zwillinge von Gleichaltrigen ständig gehänselt, und die älteren Jungen terrorisierten sogar die Schwestern.

Die Teenager amüsierten sich über die Unfähigkeit der Gibbons-Mädchen, für sich selbst einzutreten: Sie ertrugen das Mobbing schweigend.

June und Jennifer Gibbons. Quelle: woman.com

Die Mädchen zogen sich immer mehr zurück, wurden verbittert und schweigsam. Sie haben sich nie bei ihren Eltern über das schulische Umfeld beschwert. Jennifer und June sprachen nicht einmal mehr mit ihnen.

Es war, als ob die Eltern das seltsame Verhalten ihrer eigenen Kinder nicht bemerkten. Alles, was mit dem Schulleben der Schwestern zu tun hatte, lag außerhalb des Interessenbereichs der Eltern. Der Vater und die Mutter ignorierten ganz offen die Erniedrigung der Mädchen.

June und Jennifer Gibbons. Quelle: woman.com

Das ständige Mobbing führte dazu, dass June und Jennifer sich völlig von der Gesellschaft abkapselten. Sie haben ihre eigene Sprache erfunden, die nur von ihnen beiden verstanden wird. Dieses Phänomen wird als Kryptophasie bezeichnet.

Als die Mädchen vierzehn Jahre alt waren, wurden sie auf Anraten des Schulpsychologen in verschiedene Internate geschickt. Der Psychologe dachte, dass die Mädchen endlich anfangen würden, mit anderen Menschen zu sprechen.

Aber das machte die Sache nur noch schlimmer: Jeder verfiel in einen katatonischen Stupor. Schlimmer noch, sie weigerten sich zu essen.

June und Jennifer Gibbons. Quelle: woman.com

Zum ersten Mal seit langer Zeit machten sich die Eltern Sorgen um ihre Töchter und beschlossen, sie nach Hause zu bringen. Die verbitterten Schwestern verließen kaum ihr eigenes Zimmer. Dort unterhielten sie sich, spielten mit Puppen und fingen sogar an, literarisch zu arbeiten.

Jeder der Zwillinge schrieb mehrere Romane, deren Handlungen sehr seltsam und manchmal böse waren. Die Mädchen wollten unbedingt berühmte Schriftstellerinnen werden, aber die Verlage weigerten sich, ihre Werke zu veröffentlichen.

Die Schwestern schrieben nicht nur Romane, sondern führten auch persönliche Tagebücher, aus denen später viel über ihr Verhalten zu erfahren war.

Die Zwillinge waren unzertrennlich, aber wie sich herausstellte, war ihre Beziehung alles andere als ideal. Für Jennifer war ihre Schwester ihr Schatten, ohne den sie endlich die Freiheit finden konnte, die sie sich wünschte.

June hingegen äußerte oft die Befürchtung, dass ihre Schwester zu einem Mord fähig sei: "In ihren Augen sehe ich einen blutigen Schimmer". Das Mädchen hatte Recht: Einmal hatte der Zwilling versucht, sie mit einem Draht zu erwürgen.

Es war eine Beziehung, die sie an den Rand der Verzweiflung trieb: Die Teenager liebten und hassten sich gleichermaßen.

Nach dem Schulabschluss wurde das Verhalten der Mädchen gewalttätig und unberechenbar. Sie missbrauchten Alkohol, nahmen illegale Substanzen und stritten häufig.

Als die Schwestern erkannten, dass sie nicht dazu bestimmt waren, berühmte Schriftstellerinnen zu werden, beschlossen sie, durch Verbrechen berühmt zu werden. Sie brannten ein Traktorgeschäft nieder, raubten eine örtliche Schule aus, verwüsteten den Ort mehrmals und griffen sogar Passanten an.

Der jüngste Versuch, auf sich aufmerksam zu machen, war der gescheiterte Brandanschlag auf das Broadmoor Health Centre. Es ist das schlimmste psychiatrische Krankenhaus Großbritanniens, in dem seit dem neunzehnten Jahrhundert Serienmörder, Wahnsinnige und Vergewaltiger untergebracht sind.

Das Ereignis erfüllte die Hoffnungen der Gibbons-Schwestern voll und ganz: Alle britischen Medien berichteten über sie. Der Bezirksrichter verurteilte die Mädchen zu einer vierzehnjährigen Behandlung in derselben psychiatrischen Klinik.

Die Mädchen wurden in Einzelhaft in verschiedenen Teilen der Anstalt untergebracht. Nach einiger Zeit stellte das medizinische Personal fest, dass sie wieder in einen katatonischen Zustand gefallen waren und gleichzeitig dieselben seltsamen Körperhaltungen einnahmen.

Elf Jahre später kam die britische Journalistin Madjorie Wallace in das Krankenhaus, um die "Stars" zu interviewen. Dies war das erste Mal, dass Jennifer und June mit einem Fremden gesprochen hatten.

Die Schwestern erzählten Madjorie, dass es eine langjährige Abmachung zwischen ihnen gab: Sollte eine von ihnen sterben, würde die andere anfangen, mit den Menschen zu kommunizieren. Jennifer fügte sofort hinzu, dass sie zuerst gehen würde, weil sie es so beschlossen hatten.

"Wir können nicht getrennt leben und werden uns immer gegenseitig besitzen. Einer von uns muss sterben, damit der andere ein normaler Mensch werden kann", erklärte das Mädchen.

Zwillinge haben nur einmal mit einem Fremden gesprochen. Quelle: woman.com

Wegen ihres vorbildlichen Verhaltens durften die Zwillinge bald in eine andere Klinik verlegt werden. Als sie ins Auto stiegen, flüsterte Jennifer ihrer Schwester zu, dass sie bald endlich weg sein würde. Sie legte ihren Kopf in Junes Schoß und schlief ein, aber im Krankenhaus konnte man sie nicht mehr aufwecken: Das Mädchen starb noch auf dermaßen Weg.

Als Todesursache wurde eine Myokarditis, eine akute Entzündung des Herzens, angegeben. Sie war erst dreißig Jahre alt. Einige Zeit später kam Mejorie Wallace erneut zu ihr, um sie zu interviewen - dieses Mal nur mit June. "Ich bin frei: Endlich hat Jennifer mir ihr Leben geschenkt", erklärte das Mädchen fröhlich.

Wie Jennifer von dem bevorstehenden Ende wissen konnte, ist den Experten noch unklar. Es wurden keine Spuren von Drogen oder Gift in ihrem Körper gefunden.

Nach drei Jahren wurde June aus der Klinik entlassen, und merkwürdigerweise begann sie, normal mit Menschen umzugehen. June brach zwar nicht den Pakt mit ihrer Schwester: Sie lebte nun in der Nähe ihres Elternhauses und arbeitete als Verkäuferin, aber sie gründete keine Familie.

June Gibbons. Quelle: woman.com

Könnte es sein, dass Jennifer sich geopfert hat, damit June ein erfülltes Leben führen kann? "Wir waren des Krieges müde. Es war ein langer Kampf... Jemand muss den Teufelskreis durchbrechen", endet der letzte Eintrag im Tagebuch der Verstorbenen.

Die Geschichte beweist einmal mehr, dass Zwillinge wirklich ein unglaubliches Einfühlungsvermögen haben. Leider endet eine solche Nähe manchmal tragisch.

Quelle: woman.com

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